Grundsätze, Ablauf, und Formalien der kooperativen Praxis

Die Kombination von Recht und kooperativer Verhandlung findet ihre Rechtsgrundlage in § 1, Abs. 3 BORA (Berufsordnung für Rechtsanwälte). Danach haben die Rechtsanwälte neben der unabhängigen rechtlichen Beratung und Vertretung ihrer Mandanten diese „konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten“. Die Verbindung Rechtsauftrag und Vermittlung beruht also auf einer gesetzlichen Basis. Die Anwälte der kooperativen Praxis erfüllen diesen Auftrag in ihrer Eigenschaft als ausgebildete Mediatoren.

In der Praxis haben sich folgende Abläufe für das Verfahren herausgebildet:

Grundlage der kooperativen Praxis ist, dass Sie, die Parteien, sich einig sind, miteinander zu kooperieren, das heißt, dass Sie keinen gerichtlichen Streit miteinander führen wollen. Die Anwälte unterstützen Sie darin mit der Methode der Mediation. Anwaltsberatung und Vermittlung verlaufen unabhängig voneinander, obwohl beide Rollen Gegenstand des Auftrags sind. In einem Erstgespräch erhalten Sie eine umfassende rechtliche Beratung. Zugleich besprechen die Anwälte ihre Unterstützung bei der Vermittlung mit der anderen Seite. Hier werden bereits mögliche Strategien für eine kooperative Verhandlung besprochen. Die Anwälte tauschen die erhaltenen Rechtsfakten miteinander telefonisch aus. Es werden in der Regel keine Schriftsätze gewechselt, wie das in einem gerichtlichen Verfahren geschieht. Nach Aufnahme der rechtlichen Sachverhalte und der eventuell bestehenden Konfliktsituationen findet ein erstes gemeinsames Treffen aller, das heißt der Anwälte mit den Mandanten statt. Dieses Treffen dient der Klärung der unterschiedlichen Rechtsstandpunkte wie auch der Perspektiven einer möglichen Einigung gesprochen wird. Diese Treffen können mehrfach wiederholt werden, solange, bis bis eine rechtliche wie auch emotionale Einigung gefunden ist. Das Ergebnis wird ggfls. auch notariell protokolliert. Soweit, wie etwa bei einer Scheidung, eine gerichtliche Anwaltsvertretung notwendig ist, kann diese Verhandlung als einverständliches Verfahren mit einem Anwalt durchgeführt werden, wobei die Einigung zu den Akten gereicht wird.

Die Kosten werden in der Regel nach der anwaltlichen Gebührenordnung abgerechnet. Eingeschlossen sind dabei die Pauschalgebühren bis etwa 3 gemeinsame Treffen, je nach Vereinbarung. Sollten mehrere gemeinsame Verhandlungen erforderlich sein, können diese nach einem Stundensatz abgerechnet werden. Da die kooperative Praxis mit einer Einigung abschließt, braucht es für das Scheidungsverfahren selbst nur einen Anwalt. Extra-Kosten für die Mediation entstehen nicht, außer es sind mehr gemeinsame Treffen als geplant vorgesehen.

Emotionen und Recht bleiben immer strikt getrennt. Eine Vermischung findet nicht statt, da sonst die Klarheit verloren ginge. Das Recht ist immer sachlich und betrifft äußere Faktoren. Die Emotionen dagegen sind immer subjektiv und nicht verallgemeinerbar. Die Klärung der Emotionen findet innerhalb der Verhandlungen ggfls. in einem eigenen mediativen Einschub nach besonderer Anfrage und Absprache mit allen Anwesenden statt.

Kooperative Praxis ist keine exotische Ecke des Rechtsanwaltsberufs, sondern eine Anpassung des allgemeinen Berufsverständnisses auf veränderte Wünsche und Bedürfnisse der Zeit: Ein Anwalt, der nicht nur die Folgen einer blinden Rechtsausübung mit seiner Partei bespricht und sie davor bewahrt, menschliche Beziehungen zu zerstören, sondern in der Lage ist, mit einem ganzheitlichen Blick für ein faires, umsichtiges Miteinander zu sorgen, ein solcher Anwalt könnte zukunftsweisend werden.

Weitere Einzelheiten siehe die Website unseres Vereins „Anwaltliches Netzwerk für kooperative Praxis und Mediation“ (ANKOM), vgl. „www.an-kom.de“